Reiseimpfung gegen Poliomyelitis


Poliomyelitis, kurz Polio, wird umgangssprachlich auch als „Kinderlähmung“ bezeichnet. Tatsächlich zählen Lähmungen zu den möglichen Folgen, wenn Polioviren das Zentrale Nervensystem befallen. 

Da vor allem Kinder unter 5 Jahren betroffen sind, hat sich der Begriff „Kinderlähmung“ durchgesetzt.  

Die Impfung gegen Polio zählt in Deutschland zu den Standardimpfungen. Bei einer anstehenden Reise in eine Risikoregion ist eine Impf-Auffrischung empfohlen, wenn die letzte Impfung mehr als 10 Jahre zurückliegt.
 

Rechtzeitig Arzt-Termin vereinbaren

Reiseimpfungen sollten idealerweise bis max. 14 Tage vor Reiseantritt abgeschlossen sein. 

Vereinbare daher rechtzeitig – am besten bereits 4 bis 8 Wochen vor Abreise – einen Termin zur Reise- und Impfberatung bei einer Ärztin oder einem Arzt in deiner Nähe.

Frage deine Ärztin oder deinen Arzt, wie du dich durch Reiseimpfungen schützen kannst – egal wohin die Reise geht.

Poliomyelitis: Krankheitsbild, Risikogebiete & Impfung

  • Krankheitsbild

    Lähmungen treten im Rahmen einer Polio-Infektion nicht zwingend auf. Etwa 95 % der Polio-Fälle verlaufen asymptomatisch und werden gar nicht als solche erkannt. 

    Kurzzeitige unspezifische Symptome bei Polio sind z. B.:

    • Magen-Darm-Grippe
    • Fieber
    • Halsschmerzen
    • Muskelschmerzen
    • Kopfschmerzen

    Die Beschwerden halten oft 2 bis 10 Tage an, danach tritt häufig eine vollständige Genesung ein. 

    Bei Befall des Zentralen Nervensystems können 3 bis 7 Tage nach den unspezifischen Krankheitszeichen folgende Symptome auftreten:

    • Fieber
    • Nackensteifigkeit
    • Rückenschmerzen
    • Muskelkrämpfe

    Man spricht hier von „aseptischer Meningitis“. 

    Bei Befall des Zentralen Nervensystems kann es auch zu Lähmungserscheinungen kommen („Paralytische Poliomyelitis“): 

    • Schwere Rücken-, Nacken- und Muskelschmerzen 
    • Lähmungserscheinungen, meist asymmetrisch, z. B. Arm-, Bauch-, Thorax- oder Augenmuskeln

    Wenn die Atemmuskulatur gelähmt ist, können die Patienten versterben. 

    Typischerweise bilden sich die Lähmungen teilweise, aber nicht vollständig zurück. 

    Lange Zeit nach der Erkrankung (auch noch nach Jahrzehnten) können die Lähmungen noch zunehmen (“Postpolio-Syndrom”). 

    Die gute Nachricht: Die weltweite Anzahl der Poliofälle konnte gegenüber den 80er Jahren um 99,9 % verringert werden. 

    Inkubationszeit (Zeitraum von der Ansteckung bis zum Auftreten erster Symptome): Durchschnittlich 3 bis 6 Tage (bei Verlauf ohne Lähmungen) und 7 bis 14 Tage (bei Verlauf mit Lähmungen); die gesamte Spanne liegt zwischen 3 und 35 Tagen.

    Therapie: Gegen Polio gibt es keine ursächliche Therapie. Die Behandlung zielt daher primär auf die Linderung der Symptome. Wärme- und Physiotherapie können eingesetzt werden, um die Muskulatur zu stimulieren. Auch krampflösende Mittel können zum Einsatz kommen.

  • Erreger und Übertragung

    Poliomyelitis wird durch die hochinfektiösen Polioviren hervorgerufen. Die Ansteckung erfolgt von Mensch zu Mensch – meist fäkal-oral, das heißt, die Erreger werden von den Erkrankten mit dem Stuhl ausgeschieden und über verunreinigtes Trinkwasser oder kontaminierte Lebensmittel von anderen Personen aufgenommen. Schlechte Hygienebedingungen begünstigen eine Infektion. 

    Prinzipiell können die Erreger in der frühen Krankheitsphase auch per Tröpfcheninfektion übertragen werden, da sich die Keime zunächst im Rachensekret ansammeln. 

    Unter anderem spielen folgende Typen des Poliovirus auf Reisen eine Rolle:  

    • Polio-Wildtyp-Virus 1 (WPV1)
    • Impfstoff-abgeleitete Polioviren (als Folge einer Schluckimpfung gegen Polio, die in Deutschland bereits lange nicht mehr durchgeführt wird: Es kommt zur Ausscheidung von mutierten Impfviren) 
  • Risikogebiete

    Polioviren sind zwar auf dem Rückzug, aber weltweit noch nicht vollständig ausgerottet – in einigen Ländern kommen sie noch immer vor. 

    Erkrankungen durch Polio-Wildviren Typ 1 wurden gemeldet aus: 

    • Afghanistan
    • Pakistan
    • Malawi bzw. Mosambik

    Die Polio-Wildviren Typ 2 und 3 gelten als ausgerottet. 

    Derzeit (Stand September 2023) werden folgende Länder als Polio-gefährdet eingestuft1

    • Ägypten
    • Äthiopien
    • Dschibuti
    • Eritrea
    • Gambia
    • Kanada
    • Mauretanien
    • Senegal
    • Uganda
    • Ukraine

    Polioviren können natürlich auch in eigentlich Polio-freie Gebiete „eingeschleppt“ werden. So wurden Polioviren z. B. im Londoner Abwasser in verschiedenen Bezirken nachgewiesen. Daraufhin wurde allen Kindern zwischen 1 und 9 Jahren eine Auffrischungsimpfung angeboten. 

    Im Bundessaat New York wurde im September 2022 der Katastrophenfall wegen Polioviren ausgerufen. 

    Link-Tipp: Die aktuelle Verbreitung von zirkulierenden Polioviren kann man hier abrufen – die Seite wird wöchentlich aktualisiert: https://polioeradication.org/polio-today/polio-now/

  • Wer sollte sich gegen Polio impfen lassen?

    Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Polio-Impfung als Standardimpfung für alle Kinder ab dem 3. Lebensmonat und eine einmalige Auffrischung im Jugendlichenalter. 

    Steht eine Reise in eine Polio-Risikoregion an, sollte die letzte Impfung prinzipiell nicht länger als 10 Jahre zurückliegen. Ist dies nicht der Fall, sollte man sich gegen Polio impfen lassen. 

    Sprich mit deiner Ärztin oder deinem Arzt, ob eine Impfung bzw. Auffrischungsimpfung gegen Polio in deinem Fall angezeigt ist.

    Frage deine Ärztin oder deinen Arzt, wie du dich durch Reiseimpfungen schützen kannst – egal wohin die Reise geht.

  • Impfung gegen Polio: Impfschema

    Die Schluckimpfung gegen Polio wird in Deutschland heute nicht mehr verabreicht – die Impfung erfolgt per Spritze. Gemäß Impfkalender der STIKO erfolgt die Grundimmunisierung in der Regel in den ersten 12 Lebensmonaten mit 3 Impfungen. 

    Eine Auffrischungsimpfung ist 10 Jahre später, also im Jugendalter (meist zwischen dem 9. und 17. Lebensjahr) fällig. 

    Weitere Auffrischungsimpfungen werden in Deutschland nicht empfohlen. 

    Frage deine Ärztin oder deinen Arzt, wie du dich durch Reiseimpfungen schützen kannst – egal wohin die Reise geht.

Reiseimpfungen für Risikogruppen

Für Personen mit besonderen Risiken gelten bzgl. Reiseimpfungen oft eigene Empfehlungen. Eine individuelle ärztliche Beratung ist wichtig!

Zu den Risikogruppen zählen u.a.: 

  • Schwangere und Stillende
  • Säuglinge und Kleinkinder
  • Senioren
  • Menschen mit Grunderkrankungen 
  • Personen, die einen Langzeitaufenthalt (über 4 Wochen) planen

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Frage deine Ärztin oder deinen Arzt, wie du dich durch Reiseimpfungen schützen kannst – egal wohin die Reise geht. 

Aktuelle Sicherheitshinweise beachten

Die Sicherheitslage am Reiseziel kann sich schnell verändern und entwickeln – das gilt auch für das Infektionsrisiko mit bestimmten Krankheitserregern. 

Beachte daher die jeweils aktuellen Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes und sprich mit deiner Hausärztin oder deinem Hausarzt.
 

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Alle Angaben sind zur Information für Reisende gedacht. Sie ersetzen nicht die Konsultation eines Arztes. 

Die Empfehlungen sind auf die direkte Einreise aus Deutschland in ein Reiseland, insbesondere bei längeren Aufenthalten vor Ort, zugeschnitten. Für kürzere Reisen, Einreisen aus Drittländern und Reisen in andere Gebiete des Landes können Abweichungen gelten. 

Alle Angaben sind stets auch abhängig von den individuellen Verhältnissen des Reisenden und erfordern ggf. eine medizinische Beratung. 

Die medizinischen Hinweise sind trotz größtmöglicher Bemühungen immer nur ein Beratungsangebot. Sie können weder alle medizinischen Aspekte abdecken noch alle Zweifel beseitigen oder stets vollkommen aktuell sein. 

Informationen zu den Impfungen basieren auf den Empfehlungen zu Reiseimpfungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) und der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit e.V. (DTG); 

Entnommen aus: Robert Koch Institut: Epidemiologisches Bulletin. 14/2023. Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) und der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit e. V. (DTG) zu Reiseimpfungen. 

Textquellen:

1 Robert Koch Institut: Epidemiologisches Bulletin. 14/2023. Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) und der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit e. V. (DTG) zu Reiseimpfungen. Stand: 6. September 2023
 

Robert Koch Institut: Epidemiologisches Bulletin. 14/2023. Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) und der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit e. V. (DTG) zu Reiseimpfungen. Stand: 6. September 2023

RKI-Ratgeber: Poliomyelitis, unter https://www.rki.de/DE/Content/Infekt-/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber-Poliomyelitis.html#doc2374544bodyText3 (abgerufen am 28.6.2023) 

World Health Organization: Poliomyelitis (Polio), unter: https://www.who.int/health-topics/poliomyelitis#tab=tab_1 (abgerufen am 19.6.2023)